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06. Dezember 2004

Strassenverkehr

ein Gewesener

Der Strassenverkehr in Iran sei sehr gefährlich hört man von allen Seiten. Ich möchte dem unbedingt noch meine Meinung entgegenhalten. Nach drei Monaten intensiver Benützung des hiesigen Strassenverkehrs - meistens als Fussgänger - glaube ich, dass es hier nicht gefährlicher ist als zu Hause in Europa. Ich spreche nicht von den lebensverkürzenden Langzeitschäden die entstanden durch das einatmen des Gases das uns umgibt hier in Tehran. Wenn die Gefährlichkeit des Strassenverkehrs heraufbeschworen wird, so geht es einzig und alleine um die physikalischen Krafteinwirkungen und die vermeintlichen Schäden an Leib und Karosserie. Ballistik halt. Die Entstehung der Gefahr deshalb, weil kaum geschriebenes Strassenverkehrsgesetz besteht. Es wird zum Beispiel auf der rechten Strassenseite gefahren. Die Realität zeigt aber, dass einige kritische Autofahrer diese Regelung in Frage stellen und sich entsprechend verhalten.
Was den meisten erschreckten Betrachtern des herrschenden Chaos entgeht, ist die reduzierte Durchschnittsgeschwindigkeit mit welcher das Autoknäuel noch überwunden werden kann. Im Kriechgang werden hier in stundenlangen Autofahrten, Kleinstdistanzen gemeistert. Das sieht zwar alles sehr gefährlich aus, ist es aber nicht. Dazu kommt, dass als Fussgänger man auf den Vortritt verzichten muss und weil das alle Verkehrsteilnehmer wissen, funktioniert es auch.
Es kam schon etwa vor, dass ich mitten auf der Strasse stand und weil das Lichtsignal gerade auf grün gesprungen ist, sich vor und hinter mir die Autos in Gang gesetzt haben. Ein guter Gleichgewichtssinn und Geduld sind dann die Hauptvoraussetzungen um die Situation zu überleben.
Bei der Betrachtung der Verkehrssicherheit lasse ich auch bewusst die Überlandstrecken aus. Meistens bin ich ja in der Stadt und kann die Situation dort nur unvollständig beurteilen.
Neulich auf der (Todes)strecke zwischen Khorramabad und Tehran fühlte ich mich einigermassen sicher. Der Lastwagenverkehr war etwas hoch, aber gegen diese gutmütigen Kolosse kann nun wirklich niemand etwas einzuwenden haben. Auch nicht der Schrotthändler, welcher am Rand besagter Strasse eine Ausstellung von frontalkollidierten Autobussen und LKWs betreibt. Die beruhigenden Worte unseres Fahrers, dass sich die Angehörigen von 14 Insassen des weissen Busses, dessen sterblichen Überreste wir eben gesehen haben, nach der Kollision auf Beerdigungen herumdrückten, verfehlten ihre Wirkung nicht.
Das die Sicherheit von LKWs gross geschrieben wird, sieht man daran, dass die Tanklaster alle mit Spezialreifen herumfahren. Zu erkennen daran, dass sie kein Profil haben und stellenweise die Leinwand herauslugen tut. Im Notfall lässt sich ein solches Monster nur noch ungebremst in ein Hindernis lenken. Durch die Beschaffenheit der Reifen wird somit gewährleistet, dass keine Überlebenden entstehen, welche im Normalfall die Gesundheitskosten unnötig in die Höhe treiben.
Auch die Dekoration der mehrachsigen Verkehrsteilnehmer ist nicht bloss von ausgeklügelter Raffinesse, nein auch sie verstärkt der Eindruck von Sicherheit und Geborgenheit. In der Nacht beschleicht mich gelegentlich das Gefühl, ein advenzbedingt dekoriertes Vorortshäusschen aus dem Kanton Aargau sei auf der Gegenfahrbahn unterwegs. Der landesweite Mangel an Hallogenlampen für die Abblendlichter unterstreicht diese Halluzinationen.
Tags fällt auch etwa der liebgewonnene chromverzierte Kampfhund der LKW-Firma M.A.C.K(US-Import) auf, mit welchem die Kühlerhauben fast aller Lastwagen verziert werden. Der Hund wird, nicht selten gleich zu dritt wegen der Symmetrie, zu vorderst (dort wo halt eine Kühlerfigur auch hinkommt) hingeschraubt und späht so das Geschehen auf der Strasse vor ihm.
Sollte sich nun in diesem Geschehen ein unfallbedingt durch die Luft fliegender Fussgänger befinden, so besteht kein Zweifel daran, dass der Hund ihn ratz-fatz von seinen beiden Elfenbeinkränzen entledigen und wenn nicht, ihm wenigsten das Herz aus dem Leib reissen würde, und zwar so dass der unglücklich geflogene bloss noch mit heraushängenden Schläuchen die Pforte des Jenseits betreten könnte und schon zu Beginn in Ungnade der Putze Petrus' fallen wird wegen der Beschmutzung der himmlischen Teppiche, die die Bude zusammenhalten.

Ausser ein auf dem Dach gelandeten Paykan 1175, aus dem gerade während unserer Vorbeifahrt die Insassen durch die herausgebrochene Rückscheibe heraus krabbelten, ist nicht viel passiert. Es wurde bald Nacht und die Schrecken der Strasse unsichtbar für meine lichtempfindlichen Augen.


D J B r u t a l o @ s c h n u l l i b l u b b e r . c h

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