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13. Februar 2020

Über Wirkungen an Land

Wo, wenn nicht jetzt

Schade stob der Wintersturm nicht am Wochenende übers Land. An einem Tag wo man Zeit gehabt hätte, ausgiebig im Wind spazieren zu gehen und sich die Nüstern aufblähen zu lassen.

Früher hielt mich nichts in der Stube, wenn ein Sturm tobte. Mutter musste mir meine Windjacke aus dem Schrank holen, wenn sie nicht eh schon am Hacken an der Garderobe hing. In der Tür gab sie mir einen Kuss und mahnte mich Aufzupassen. Wenn ich mich recht erinnere, mahnte sie mich stets aufzupassen, wenn ich das Gehäuse verliess, egal welche beaufortschen Flöten gerade um die Häuser pfiffen. Für mich war es das Höchste, wenn ich mich gegen den Wind stemmen konnte und dadurch in eine unnatürliche Schräglage geriet. Sprang man als Knirps bei solchem Wetter auf, wurde man sogleich von den Böen erfasst und flog ein paar Meter weit. Gefühlt wenigstens. Aber es reichte mir, um unendlichen Spass zu haben. Fliegen war überhaupt das Grösste was ich mir damals vorstellen konnte, als Schnudderi der ich war. Pilot werden wollte ich damals noch, nicht IT-ler oder Scrum Master.

Heute ist alles anders. Nicht nur, dass ich kein Knirps mehr bin, der von Böen erfasst und umhergewirbelt werden kann, heute gelingt es mir nicht einmal mehr, eine Vorfreude für windige Tage zu erzeugen. Heute ist es schier unmöglich, von einem Sturm noch annähernd überrascht zu werden. Durch die Wettervorhersagen wissen wir bereits eine Woche vor dem vermeintlichen Wind, dass wahrscheinlich die Erde weggefegt werden wird, oder wir auf jeden Fall nicht den Hauch einer Chance haben werden das stürmische Wetter unverletzt zu überleben. Eine Woche reicht meistens gerade so, um sich an Hamsterkäufen zu beteiligen, ein Testament zu schreiben und sich zehn Meter tief in die Erde einzugraben.
Für den letzten Zweifler wird gerne noch ein Lotharvergleich in die Waagschale geworfen. Lothar war ein Wintersturm, der Ende 1999 in der Schweiz mit den sogenannten Käfertannen aufgeräumt hatte. Je länger dieses Ereignis her ist, umso länger musste man damals - glaubt man den Erzählungen der Augenzeugen und Leidtragenden dieser Zeit - bei Kerzenlicht fern sehen. Unter den vierzehn Toten, die durch die orkanstarke Hand Lothars um kamen, hatte jeder Schweizer und jede Schweizerin durchs Band mittlerweile mindestens einen Erbvetter zu beklagen.

Es ist nicht möglich, in den Köpfen noch mehr Knöpfe gleichzeitig zu drücken, als mit einem Lotharvergleich. Wenn du Aufmerksamkeit willst, wenn du deine Zeitungen verkaufen willst: Lotharvergleich. Egau wieviu Püggeli Düggeli bim Schnure 'berchunt, egau ob Buttigieg di demokratische Vorwahle vergiget: Mit emäne Lotharvergliich bringsch se wieder ufe, d'Ischautquote.
 
Wenn die Wetterwarner aus Funk und Fernsehen den Bogen über umstürzenden Bäume zu herumfliegenden Autos am überspannen sind, legen sie als Zugabe meistens auch noch herunterfallende Ziegel als Zugabe oben drauf. Autos und Bäumen kann man aus dem Weg gehen, herunterfallende Ziegel treffen uns alle. Wer bei herunterfallenden Ziegel weghört, agiert verantwortungslos - bringt sich durchs schlichte Weghören bereits leichtfertig in Gefahr.

Herunterfallende Ziegel durch Sturmböen sind, wie es der Zufall will: genau mein Humor. Ein schöneres Beispiel für Fake News gibt es wohl kaum. Glaubt mir: Ziegel fliegen nicht einfach von Dächern, nur weil es stürmt! Ziegel sind miteinander durch eine ausgeklügelte Befalzung verhenkt. Entweder fliegt das ganze Dach weg oder es landet eine durch den Sturm in Not geratene Boeing auf dem Dach. Und glaubt mir, wenn Ihr dann unter dem bemitleidenswerten Dach steht, habt Ihr ganz andere Probleme. Die Doppelbedeckung "Mönch und Nonne" kommt bei uns übrigens nur selten vor. Sie hat aber durch die Bestreichung der obenliegenden Mönchsziegel mit Mörtel, eine ähnliche Standhaftigkeit gegen orkanartige Stürme, wie das bei uns gängige Falzziegeldach.

Drum liebe Mütter und kinderlose Insassen der Bedenkenträgerei: "Geht raus, wenn es stürmt! Lasst Eure Dreads fliegen" wie es etwa der Söllner Housi besingt. Falls Ihr von einem umstürzenden Baum erschlagen werdet, dann ward ihr wahrscheinlich im Wald: Selberschuld. Würde mich daraufhin der Haftprüfer ansprechen, würde ich jede Schuld von mir weisen, denn in den Wald würde ich Euch bei Schietwetter nie schicken. Viel zu gefährlich. Sollte also der unwahrscheinliche Fall eintreffen, dass Ihr in urbanem Gelände von einem einzelnen Dachziegel getroffen werdet, werde ich dafür natürlich gerne am Kreuz büssen.

D J B r u t a l o @ S ç h n u l l i b l u b b e r.ç h

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Kommentare (2)  - Etwas Senf dazu?